Coronavirus Außendienst hat Recht auf Schutz
Einen klaren gesetzlichen Anspruch darauf gibt es nicht. "Vielmehr muss stets der Einzelfall betrachtet werden", erklärt Maren Hoffmann, Anwältin im Bereich Arbeitsrecht bei der Großkanzlei CMS Hasche Sigle. Doch durch Beschlüsse der Bundesregierung am Sonntag, den 22.3., hat sich für sie die Situation verändert.

Unternehmen wie Veltins oder die Freiburger Molkerei haben bereits letzte Woche bekannt gegeben, aufgrund des Ansteckungsrisikos mit Corona ihren Außendienst aus dem LEH und der Gastronomie zurückzuziehen. Neben dem Schutz von Mitarbeitern und Kunden gibt es dafür praktische Gründe: Zahlreiche Händler empfangen keine Betriebsfremden mehr in ihren Filialen, viele Gastronomen haben geschlossen oder im Take-Away-Betrieb keinen Bedarf mehr, Bier zu ordern.
Bei Bürger ist Home-Office angesagt
"Scherzhaft kann man sagen, dass der Coronavirus unser Arbeitsleben schneller digitalisiert hat, als man es zu Jahresanfang für möglich gehalten hätte. Der Vertrieb organisiert wichtige Meetings jetzt teilweise verstärkt über Telefon- und Videokonferenzen", berichtet Andreas Schmidt, Gebietsverkaufsleiter Ost bei Bürger. Bei dem schwäbischen Teigwarenhersteller ist seit letzter Woche Home-Office angesagt."Eigentlich wäre jetzt Messezeit und wir wären sieben Tage die Woche unterwegs." Riechen, Schmecken, Testen ließe sich auch in Zukunft nicht ersetzen und dieser direkte Kontakt mit dem Kunden fehle jetzt erst einmal. Dafür habe man einiges gelernt und bereite sich Zuhause in Arbeits-, Wohnzimmern und Küchen auf die Zeit nach der Krise vor.
Einen regelrechten Shitstorm erlebte Thermomix-Hersteller Vorwerk, als verbreitet wurde, dass während der Corona-Krise angeblich 50 Euro mehr Prämie gezahlt werden für an der Haustür verkaufte Staubsauger. Dies rief vor allem deshalb Kritik hervor, weil zur Kundschaft auch die besonders schutzbedürftigen Senioren gehören. Mit Gegendarstellungen auf der Homepage will der Haushaltgerätehersteller nun sein Image wieder gerade rücken. Mittlerweile habe man komplett auf telefonischen Vertrieb umgestellt, hieß es dort am 17. März.
Anwältin Maren Hoffmann erinnert an die Sorgfaltspflicht des Arbeitgebers.
Eine Frage der Haltung
Es ist also letztendlich eine Frage der Haltung, ob ein Arbeitgeber Home-Office verbietet, selbst wenn das ein gangbarer Weg ist, um den Arbeitsauftrag zu erledigen. Denn der Satz: "Der Schutz unserer Mitarbeiter und Kunden hat für uns erste Priorität", wirkt auch dann noch nach, wenn die Krise vorbei ist und wieder neue gute Leute an Bord geholt werden sollen. Er zahlt ein auf das Arbeitgeberimage. So berichtet die Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu, dass momentan viele Kommentare zum Umgang mit Corona abgegeben werden. Auch zornige, in denen Unternehmen mangelnde Fürsorge in Pandemie-Zeiten vorgeworfen wird.Viele Techniker und Handwerker haben derweil keine Option, Kundenaufträge aus dem Home-Office heraus zu erledigen. "Aber auch dann haben Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter", sagt Anwältin Maren Hoffmann. "Sie können mit dem Kunden individuelle Regelungen vereinbaren, wie die eigenen Mitarbeiter geschützt werden können durch regelmäßige Desinfektion vor Ort und wie sich der Mindestabstand einhalten lässt."
Zudem müsse der Arbeitgeber abwägen, ob der einzelne Mitarbeiter zu einer der Risikogruppen gehöre. „Wenn er besonders gefährdet ist durch die Folgen einer Ansteckung, muss man besondere Schutzmaßnahmen treffen - bis hin zur Freistellung“, so Hoffmann. Letztendlich rät sie jedem Arbeitgeber dazu, die Sorgen der Mitarbeiter ernst zu nehmen und gemeinsam praktische Lösungen zu finden. Schließlich birgt auch eine Freistellung Risiken: nicht für die Gesundheit, aber für den Arbeitsplatz.
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