Doch insgesamt könnten die geplanten Reformen der Wirtschaft nicht wie erhofft mehr, sondern im Gegenteil weniger Beschäftigte zutragen, da Minijobs und Midijobs attraktiver werden: weniger Abzüge für die Sozialversicherung und heraufgesetzte Entgeltgrenzen für die geringfügige Beschäftigung. Jenseits der erhöhten Midijob-Grenze, die bei Verkäuferinnen ja schon ein vollzeitnahes Stundenkontingent ermöglicht, schlägt das Ehegattensplitting zu und macht Vollzeitjobs steuerlich unattraktiv. Mehr zu arbeiten lohnt sich nicht, wenn steuerlich hohe Abzüge anfallen, oder das Mehrgehalt für Kinderbetreuung ausgegeben werden muss; eine typische Lage für berufstätige Mütter.
Frauen passen ihre Arbeitszeiten somit entsprechend der neuen Gegebenheiten an. Das jedenfalls ist das Ergebnis von Berechnungen des Ifo-Instituts. Insgesamt ziehe die Reform zwar mehr Beschäftigte auf den Arbeitsmarkt, aber unterm Strich mit einer geringen Stundenzahl. Auch bereits erwerbstätige Frauen und solche in Vollzeitbeschäftigung (insgesamt rund 40.000) geben ihre Vollzeittätigkeit auf und reduzieren die Stundenzahl, so das Szenario, auf Basis von Zahlen aus dem sozioökonomischen Panel, in das Daten aus 16.000 Haushalten einfließen. In Summe kosten die Reformen Kapazitäten in Höhe von 7000 Vollzeitstellen, lautet das Fazit bei Ifo.
"Die Folgen, die das Ifo-Institut modelliert hat, halten wir für realistisch", heißt es beim ANG. Der Arbeitgeberverband der Ernährungsindustrie lehnt deshalb eine Erhöhung der Midijob-Grenze ab, da sie "falsche Arbeitsmarktanreize" setzt, und zwar gegen eine Ausweitung der Arbeitszeit. Statt weniger Beschäftigtenstunden benötigt die Branche mehr Kapazitäten. Der anhaltende Fachkräftemangel in der Ernährungsindustrie mit 4650 gemeldeten offenen Stellen lasse sich so nicht angehen. Es dauert aktuell gut ein halbes Jahr, bis offene Stellen besetzt werden können, so der Verband, und das bei weiter sinkenden Auszubildendenzahlen. Gefragt sei eine Gesamtstrategie, bei der Anreize zur Arbeitszeitausweitung, Nachwuchsqualifizierung, Weiterbildung und die Gewinnung ausländischer Kräfte im Fokus stehen.