Kaum Preiskommunikation nötig
Kunden, die sich dem Markt verbunden fühlen, achten kaum auf den Preis – davon ist Pütz überzeugt. "Bei Tante Emma hat auch keiner gefragt, was es kostet." Folgerichtig gibt es im Markt kaum Preiskommunikation, keine Regalstopper oder Deckenhänger. Hinweise auf Regalpreisetiketten sind in dezentem Blau-Gelb gehalten.
Für einen Liter Wein kann Pütz bis zu 49,32 Euro verlangen, für Whisky bis zu 99,99 Euro. Die meisten Gondelköpfe sind mit hochwertiger Ware bestückt, etwa mit My Muesli für 13,74 Euro das Kilo oder Kettle-Chips für umgerechnet 24,90 Euro. In der Weinabteilung gibt es drei laufende Meter gekühlten Champagner.
Dass so etwas funktioniert, liegt auch an der Kaufkraft, die in Bad Honnef 10 Prozent über dem Bundesdurchschnitt liegt. Außerdem sind nicht viele Wettbewerber vor Ort: in direkter Nachbarschaft nur Aldi, Lidl und Netto, Edeka und Norma 10 Kilometer entfernt, Rewe und Kaufland 14 Kilometer. Aber die geringe Preissensibilität ist auch eine Folge der persönlichen Kundenbindung.
Jörg Pütz, der den Betrieb mit seinem Bruder Dirk führt, ist bestens in der Region verdrahtet. Er ist Mitglied in 30 Vereinen – meist passiv, aber aktiv als Präsident der ältesten Karnevalsgesellschaft der Stadt. Dazu organisiert er Konzerte und Partys. Er bewirbt eine Front des Sportplatzes, im Volksmund scherzhaft "Hit-Arena" genannt. Zudem sitzt Pütz im Verwaltungsrat der Stadtsparkasse. Nach der Schule hatte er Bankkaufmann gelernt. "Das bringt mir bis heute gute Kontakte."
Fokus auf die Mitarbeiter
Für die persönliche Ansprache braucht der Kaufmann freundliche, aufmerksame Mitarbeiter. Freundlich sind sie aber nur, so die Pütz-Philosophie, wenn sie sich wohlfühlen. "Es geht mir darum, die Person und ihre Arbeit wertzuschätzen", sagt der Chef. "Ein Lob, ein Dankeschön und ein freundliches Wort sollten für jeden drin sein." Ans Geld denkt der Kaufmann dabei nicht vorrangig – sein Personalkostenanteil ist mit 10,5 Prozent recht niedrig. Doch selbst die Öffnungszeiten richten sich nach dem Personal: Wochentags schließt der Markt schon um 19 Uhr, samstags sogar um 16 Uhr. "Viele unserer Mitarbeiterinnen sind Mütter und arbeiten in Teilzeit" begründet der Familienvater. "Eine Ladenöffnung bis 22 oder 24 Uhr wäre für sie nicht familienfreundlich."
Pütz macht sich keine Sorgen um Umsätze, die er außerhalb der Öffnungszeiten an Aldi und Lidl abgibt. Das liegt wohl auch daran, dass er nicht nur aus seinem Markt Profit zieht. Den Familien Pütz und Kloss, die 1967 den Markt gründeten, gehört das gesamte, 30.000 Quadratmeter große Gelände. Kik, Fressnapf, Expert und Dänisches Bettenlager zahlen ebenso Miete wie Teehaus, Frisör, Reinigung, Kiosk, Reisebüro, Sparkasse, Döner-Imbiss, Telekom, Apotheker und Florist im Vorkassenbereich. Im Obergeschoss logieren Fitness-Studio und Tagesklinik.
Dennoch will Pütz auch mit seinem Hit-Markt wieder wachsen. Der im Oktober fertiggestellte Umbau soll den Umsatz von derzeit 25 auf 30 Millionen Euro bringen. Dafür wurde das Sortiment aufgestockt, die Gastronomie ebenso erweitert wie das Convenience-Angebot, das Ladendesign dem Zeitgeschmack angepasst.
Spezialitäten-Sortiment
60.000 Artikel bietet Pütz an. "Wir haben Dinge, die andere nicht haben", sagt er. So stehen auf 6 laufenden Metern 20 Schokoladen-Marken, darunter seltene wie Novesia, Ragusa und Cailler. Bei Marmelade sind es 19 Marken auf 8 Metern, darunter Namen wie Faller, Koo und Fior di Frutta. 2000 Artikel umfasst allein die Abteilung für Wein und Spirituosen, am Verkostungsautomaten können Kunden davon probieren. Anziehungspunkte sind auch die Bedientheken mit je 10 Metern für Fleisch und Wurst, Käse und Fisch. Besonders beim Käse punktet Pütz mit einer üppigen Präsentation von 500 Sorten vom französischen Schafsmilchkäse bis zum Mozzarella di Bufala.
Der Hit-Mann setzt auf immer mehr Convenience und Gastronomie. Gleich am Anfang des Marktes steht eine Sushibar von Eat Happy, gefolgt von einer Salatbar, einem Automaten für Frozen Yoghurt und einer kleinen heißen Theke im Bedienbereich. Ähnlich wie in den USA können die Kunden alles nach Hause mitnehmen oder vor Ort verzehren. 16 Sitzplätze mit eigener Kasse gibt es vor der heißen Theke, weitere 70 im Verzehrbereich vor dem Markt. Diese Fläche und deren Kosten teilt sich Hit clever mit dem Vorkassenbäcker Kamps. Pütz stellt die Fläche, die Einrichtung zahlen beide zu gleichen Teilen, Kamps hält Ordnung.
Das Ladendesign bereitet dem Konzept die zeitgemäße Bühne. Der verglaste Verzehr-Anbau ist das Schaufenster, das nach außen zeigt, dass es drinnen um Genuss geht. Akzentuiertes Licht auf der eher dunklen Fläche stellt die Ware gut heraus. Wände in Ziegeloptik, Fliesen mit traditionellem Muster und Elemente aus Holz sorgen für Gemütlichkeit. Und ein Boden in Kopfsteinoptik und -haptik vor der Bedientheke entschleunigt die Kunden.
Pütz hat die alten beigefarbenen Sprenkelfliesen aufpoliert, statt sie durch neue zu ersetzen. Das spart Kosten und wirkt dennoch hochwertig. Bei den Kunden beliebt sind außerdem die neuen Kühlmöbel, die sich automatisch öffnen, sobald man die Hand davor hält. "Das ist energietechnisch vorteilhaft und ein Hingucker, ein bisschen wie im Raumschiff Enterprise", so Pütz.
Knackpunkt Fleischtheke
In jedem Markt gibt es auch kritische Punkte, und die heißen bei Pütz Ordnung und Fleisch. Gerade in einem so schönen Markt fällt es auf, wenn Mitarbeiter beim Verräumen Paletten im Gang stehen lassen und Regallücken offenlassen. Auch die Lösung für den historischen Trecker in der Obstabteilung ist noch nicht optimal: In den (zum Glück blickdichten) Anhänger des tollen Hinguckers werfen die Mitarbeiter Müll und alte Kisten.
Eine Eigenart von Hit ist es, dass auch hervorragende Selbstständige der Zentrale den Betrieb der Fleisch- und Wursttheke überlassen. Pütz kassiert auf diese Weise zwar Umsatzmiete, kann das Sortiment aber nicht auf die hohe Kaufkraft abstimmen. Der Kunden bekommt vor allem bodenständige Ware, qualitativ geht es nicht höher als bis zum argentinischen Rumpsteak.
Doch das das wird dem Erfolg von Pütz keinen Abbruch tun. Denn der soziale Kontakt, auf den er so großen Wert legt, wird in Zukunft immer wichtiger werden.