Über die Vertriebslinien hinweg und mit Blick auf das absolute Umsatzwachstum heißt der Gewinner 2017 aber eindeutig Rewe. Kein Lebensmittelhändler wächst in Deutschland dynamischer. 2,7 Mrd. Euro oder fast 10 Prozent mehr Geld gaben Kunden im Jahr 2017 in den Läden des Handelskonzerns aus als im Jahr zuvor. Das ist eine halbe Milliarde mehr Zusatzumsatz als Marktführer Edeka erreicht. Sogar der Onlinehändler Amazon, der mit 17,6 Prozent das höchste relative Wachstum zeigt, holt absolut mit plus 1,9 Mrd. Euro rund 800 Mio. Euro weniger Zusatzerlös aus dem deutschen Markt für sich heraus als Rewe.
Allerdings ist der Onlinehändler Amazon der Exot in dem Ranking, weil er fast seinen gesamten Umsatz mit Nonfood-Artikeln erzielt. Lebensmittelhandel bleibt im Netz eine Nische. Amazon hat das bislang nicht nennenswert zu ändern vermocht. Und auch Rewes Onlinelieferservice ist mit rund 100 Mio. Euro Umsatz (noch) kein Geschäftsmodell, das Konkurrenten Kopfzerbrechen bereitet. Ganz im Gegensatz zu Rewes stationärem Geschäft, dessen Zahlen Vorstandschef Lionel Souque und seine Einkäufer ins Feld führen werden, wenn sie wieder mit Lieferanten um Konditionen feilschen.
Coop Kiel verzerrt die Rewe-Performance
Rewe hat gute Argumente. Das Supermarktformat, das in Deutschland laut LZ Retailytics 23,3 Mrd. Bruttoumsatz erzielt, ist zum Erfolgsgaranten des Konzerns erwachsen
. Wer hätte das vor zehn Jahren vorausgesagt? Eine Eintagsfliege ist der Erfolg nicht, die Wachstumskurve zeigt seit Jahren deutlich nach oben. Aber die Rewe-Zahlen 2017 sind dennoch stark nach oben verzerrt. So sehr, dass es kaum möglich sein wird, das Plus von 9,4 Prozent zu übertreffen. Denn 2017 fließen erstmals die Umsätze von Coop Kiel in die Erhebungen mit ein. Sie stehen mit rund 1,1 Mrd. Euro für mehr als ein Drittel der Rewe-Zuwächse. Weniger ins Gewicht fallen die 60 Kaiser‘s-Märkte, die der Konzern nun zusätzlich in der Bilanz stehen hat. Aber auch sie verstärken einen Sondereffekt, der die Umsatzentwicklung deutlich verbessert. Ohne diesen Sondereffekt hätte Rewe vermutlich etwas weniger als die 1,4 Mrd. Euro Umsatzplus in Deutschland aus dem Vorjahr erreicht.
Das ist noch immer beachtlich und deutlich besser als Konkurrent Edeka. Dessen Zuwachs in Höhe von 4,5 Prozent oder 2,2 Mrd. Euro bildet nicht zuletzt die Effekte der Tengelmann-Übernahme ab, die im vergangene Jahr mit 1,8 Mrd. Euro Umsatz im Top-30-Ranking auftauchten und nun erstmals bei Edeka und Rewe verbucht werden. Supermärkte unter dem Edeka-Dach bleiben mit 29,4 Mrd. Euro zwar das umsatzstärkste Vertriebsformat des Landes. Aber: In Summe erlösen die Discounter Aldi Süd und Aldi Nord mit 30,4 Mrd. Euro 1 Mrd. Euro mehr.
Die Großfläche bleibt Problemformat
Hat die Renaissance der Supermärkte ihren Zenit also überschritten? Die aktuellen Zahlen von LZ Retailytics lassen auf den ersten Blick keinen Grund erkennen, das zu bejahen. Die Supermärkte wachsen weiter und müssen nicht einmal den Vergleich zu den Fachmarkt-Dynamikern aus den Bereichen Tiernahrung (Fressnapf) und Drogerie (dm, Rossmann, Müller) scheuen. Und gemessen an den SB-Warenhäusern sind sie Leuchttürme. Die Großfläche bleibt das Problemformat. Denn die SB-Warenhäuser wachsen, wenn überhaupt noch, dann nur auf dem Niveau der Preissteigerungen. In Sicherheit wiegen können sich die führenden Supermarktbetreiber aber nicht. Edeka noch weniger als Rewe, denn die Zukäufe der beiden zeichnen ein zu ihren Gunsten verzerrtes Bild, das die Stärken von Aldi, Lidl und Co. vordergründig überdeckt. Unter dieser Oberfläche zeichnen sich die Konturen eines anderen Bildes ab. Es zeigt: Der Discount ist zurück.