Die Gründerszene gibt etablierten Händlern und Herstellern zukunftsweisende Impulse. Die Young Business Factory (YBF) lud deshalb zu Networking und Diskussion mit vielversprechenden Food- und Tech-Start-ups ein. Networking-Partner ist die Food-Innovationsplattform Hungry Ventures.
Zwischen 2014 und 2018 hat sich das Start-up-Engagement für Konsumgüter rund verzehnfacht und liegt auf Platz zwei hinter IT-Projekten, wie Hendrik Varnholt, Ressortleiter Industrie der Lebensmittel Zeitung, in seinem einführenden Vortrag darlegte. Das klingt verheißungsvoll, gestaltet sich aber bei B2C-Innovationen gar nicht so einfach. Euphorische Erfinder prallen mit ihren Neuprodukten schnell auf die Wirklichkeit des Handels: Ein hoch konzentrierter Markt von wenigen Filialisten einerseits, und der Selbstständige Einzelhandel mit dezentralen Entscheider-Strukturen andererseits.
Im Wettbewerb gehe es künftig darum, direkten Zugang zum Kunden aufzubauen, meint Halecker. Tech-Innovation macht es möglich, selbst Datenpunkte zu sammeln. Wichtig sei aber vor allem, die Kompetenz für digitale Lösungen im eigenen Unternehmen zu beherrschen. Und das möglichst schnell: "Ein Jahr in Start-up-Zeiten ist wie eine Dekade im herkömmlichen Leben." Die Geschwindigkeit ist es auch, die so mancher Endverbraucher-Innovation das Genick bricht. "75 Prozent kriegen die nötige Drehzahl im Handel nicht hin", gibt er zu bedenken, die zugestandene Zeit reiche einfach nicht aus, um eine Marke aufzubauen.
Häufigster Grund aber für das Scheitern vieler Ideen, noch vor dem Mangel an nötigem Kapital: Es besteht einfach kein Bedarf im Markt. Der 37. Müsliriegel ist eben eine Lösung ohne Problem. Oder, wie es das Team von Kitchentown launisch ausdrückte, das im Oktober mit dem US-Startup-Konzept an den Start geht: "Der gleiche Mist, jetzt mit Mango-Geschmack!" Ausdrückliche Aufgabe von Kitchentown ist die "Beschleunigung des Entwicklungsprozesses". Knowhow und Regelwerk sind in der Lebensmittelherstellung für Neueinsteiger recht komplex, aber grundsätzlich als Handwerk beherrschbar. Neu kombiniert, soll so ein "Hebel" entstehen, um Innovationen zu beschleunigen. Das passt zur Herangehensweise von Hungry Ventures, das Erfolgspotenzial einer Neuheit bereits weit vor der Markteinführung genau beurteilen zu können – mit digitaler Unterstützung.
Immer schneller geht es auch bei Amazon und Co. Eindrucksvoll schilderte Thomas Andrae, Venture Capitalist und Chief Strategy Officer bei Hungry Ventures, ein Bild der nicht allzu fernen Zukunft, in der Drohnen aus Zeppelin-artigen Zentrallagern innerhalb weniger Minuten alle möglichen Waren zum Verbraucher liefern. Einen Einstieg Amazons in den stationären deutschen Lebensmittelhandel hält er für sehr plausibel.