Digital Upskilling in der Fabrik: Fit machen ...
Digital Upskilling in der Fabrik

Fit machen für die Produktion 4.0

Henkel
Bildschirmaffin: In der Somat-Produktion von Henkel in Düsseldorf gehört der sichere Umgang mit Daten zu den Anforderungen.
Bildschirmaffin: In der Somat-Produktion von Henkel in Düsseldorf gehört der sichere Umgang mit Daten zu den Anforderungen.
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Digital Upskilling in der Fabrik
Fit machen für die Produktion 4.0
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Digitale Kenntnisse sind nicht nur in Büroetagen zunehmend gefragt. Auch in der Produktion gewinnt der "Connected Worker" an Bedeutung. Dass bei Automatisierung oft Personalabbau im Raum steht, bremst die Offenheit.

Corona gibt der deutschen Industrie einen Digitalisierungsschub, zeigt der Digitalverband Bitkom in einer Umfrage: 95 Prozent glauben an die wachsende Bedeutung der Industrie 4.0 und fast zwei Drittel der 550 befragten Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten setzen Anwendungen wie vernetzte Produktionsanlagen, Echtzeit-Kommunikation zwischen Maschinen oder intelligente Roboter bereits ein. Nimmt man die Mitarbeiter nicht rechtzeitig mit, können sie zum Engpass werden.

Wann es in Deutschland so weit ist, dass Produktionsprozesse komplett digital abgebildet werden, um Zusammenhänge der gesamten Lieferkette transparenter zu machen und für eine autonome Steuerung und bessere Entscheidungen zu nutzen, das ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Sobald man die verfügbaren Daten vernünftig mit dem Faktor Mensch verknüpft, wird für Stefan Kozielski, Werksleiter der zweitgrößten Produktionseinheit von Henkel am Standort Düsseldorf, die Fabrik der Zukunft Wirklichkeit. Obwohl das Werk 2020 vom Weltwirtschaftsforum als Leuchtturm für die Industrie 4.0 ausgezeichnet wurde, liege auch vor Henkel noch eine Menge Arbeit. "Man muss einfach akzeptieren, dass Weiterbildung und das Fit machen der Produktionsmannschaft in digitalen Anwendungen kein abgeschlossener Prozess ist mit einem Anfang und einem Ende", erklärt Kozielski. "Man kann nicht sagen, jetzt haben wir den Digital Backbone und die Apps trainiert und sind fertig. Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Man braucht Teile der Belegschaft als Change Agents und von ihnen ausgehend wachsen der Einbezug und innerbetriebliche Bildungsmaßnahmen."
„Man kann nicht sagen, jetzt haben wir den Digital Backbone und die Apps trainiert und sind fertig. Das ist ein kontinuierlicherProzess“
Stefan Kozielski, Henkel


Christian von Stengel kennt das Thema aus der Warte des Dienstleisters: Er ist CEO von Germanedge, einem Zusammenschluss von fünf Softwarelösungen entlang der Wertschöpfungskette. Aus Kundenprojekten auch in der Lebensmittelindustrie weiß er, wie wichtig Mitarbeiter dafür sind, dass Digitalisierung gelingt. Er arbeitet gern mit dem Begriff des Connected Workers. "Es geht um keine bestimmte Rolle, sondern die Art des Arbeitens in Zukunft. Dies kann von konkreten Produktionsaufgaben am Fließband bis zu Managementtätigkeiten im Headquarter alles sein." Die Arbeit des Conntected Workers zeichne sich vor allem dadurch aus, dass er verschiedene digitale Werkzeuge und Datenverwaltungstechniken zur Unterstützung nutzt.
Paulaner digitalisiert Bräuhäuser
Zum Markenerlebnis gehört für Paulaner nicht nur Biergenuss. Gästen der Bräuhäuser muss auch die Schweinshaxe oder das Backhendl schmecken. Und zwar egal, ob in München oder Peking, wo 1992 das erste von 50 Bräuhäusern der Paulaner Franchise & Consulting GmbH außerhalb Deutschlands eröffnete. Da herzhafte deutsche Speisen nicht zum Standardrepertoire von Köchen in China oder Russland gehören, war Kochtraining bislang Kernelement von Dominik Österreichers Job, verbunden mit vielen Reisen, Sprachproblemen und wenig Nachhaltigkeit.
Dominik Österreicher : Schult Paulaner-Köche per Video.
Paulaner
"Das Personal wechselt schnell in der Gastronomie", weiß der Senior Manager F&B. Dieser Teil seiner Arbeit wurde teildigitalisiert: "Wir erarbeiten jetzt neue Rezepte und Garprogramme in Zusammenarbeit mit Rational und speisen diese in die App Connected Cooking ein." Seit Januar haben Paulaner-Küchenchefs in aller Welt nun Zugriff auf Schulungsvideos mit Rational-Kombidämpfern, einem Backofen mit Dampffunktion. "In 90 Prozent der Küchen steht dieses Gerät", sagt Österreicher. Wie man 40 Kilo Gulasch vorgart, lagert, und mit Spätzle und Garnitur anrichtet, vermitteln nun lokale (und sprachkundige) Mitarbeiter des Partners Rational einmal vor Ort, danach sind die Arbeitsschritte in einer Online-Datenbank jederzeit abrufbar. Hat Österreicher mit Widerständen zu kämpfen, mit Küchenchefs, die in ihrer kreativen Ehre gekränkt sind? Nein, sagt der Gastronomie-Profi. "Wir haben tolle Betreiber und denen sind wir mehr verpflichtet als den Küchenchefs." Zudem lägen die Vorteile auf der Hand. Auch ein neuer Mitarbeiter in Macao könne jetzt leichter lernen, wie man ein Brathuhn originalgetreu würzt, mit Butter mariniert und "ausgeknuspert" auf den Tisch bringt.


Drei Voraussetzungen seien dafür entscheidend: "Ganz wichtig ist die Bereitschaft des Mitarbeiters, zu lernen und neue Arbeitsvorgänge für sich zu erschließen. Zweitens brauche es ein Management, das den Gedanken der digitalen Weiterentwicklung in der Unternehmenskultur verankert und als Beispiel vorangeht." Erst dann kommen für von Stengel die Technologien, die den Menschen in allen Dimensionen "connecten" und zu effizienten Handlungen befähigen. Sie reichen von Sensoren und Datenplattformen bis zu Apps für die Schichtplanung.

Für die Befähigung der Mitarbeiter bedürfe es Zeit, Geduld und Fehlertoleranz. "Diese Werte sind Teil einer Unternehmenskultur und nicht einfach ein Task auf der Liste." Der Faktor Mensch werde durch Digitalisierung nicht ersetzt, seine Aufgaben aber höherwertiger. "Ich glaube fest daran, dass auch in Zukunft der Mensch den Unterschied macht zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Unternehmen", so von Stengel. 



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