Was die Regierung zur schnellen Linderung steigender Lebenshaltungskosten vorgesehen hat, nutzen Arbeitgeber gern im Rahmen von Gehaltsverhandlungen. Noch bevor die Tarifrunde in der Lebensmittelbranche startet, wird die Inflationsausgleichsprämie zum Zankapfel. Die Betriebsräte von Nestlé und Unilever üben bereits mit der Gewerkschaft NGG den Schulterschluss.
Am 9. Februar, dem Tag der Veröffentlichung des Jahresergebnisses bei Unilever, wird an allen deutschen Standorten im Rahmen von Betriebsversammlungen nachmittags die Arbeit niedergelegt. Mit prominenten Gästen wie SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert will der Betriebsrat seiner Forderung Nachdruck verleihen, nicht nur einen Teil der Beschäftigten, sondern alle sofort mit einer Inflationsausgleichsprämie zu unterstützen. "Wir erwarten, dass am Vormittag ein Gewinn ausgewiesen wird, von dem das Unternehmen es sich gut leisten kann, die Prämie zu zahlen", sagt Hermann Soggeberg, Vorsitzender Konzernbetriebsrat von Unilever Deutschland.
Hermann Soggeberg: Vorsitzender Konzernbetriebsrat von Unilever Deutschland
Zur Vorgeschichte: Unilever-Beschäftigte an den Chemie-Standorten Buxtehude und Mannheim haben bereits im Januar 1500 Euro als steuerfreie Extrazahlung bekommen. 2024 folgen weitere 1500 Euro. Dies wurde im Rahmen des Tarifabschlusses zwischen der Gewerkschaft IGBCE mit dem Chemie-Arbeitgeberverband im Oktober vereinbart. Die Mitarbeiter in den Lebensmittelwerken aber gehen erst einmal leer aus. "Hier gelten andere Tarifverträge, die von der NGG vor der Inflationskrise 2021 abgeschlossen wurden und bis Mitte 2023, in Heilbronn sogar bis 2024 gültig sind", erklärt Hermann Soggeberg. "Daher haben wir, der Konzernbetriebsrat und die NGG, die Unternehmensleitung aufgefordert, mit der Inflationsausgleichsprämie eine Brücke zu bauen." Flugblätter wurden verteilt, Unterschriften gesammelt, doch die Geschäftsleitung habe den Forderungen vor Weihnachten eine Absage erteilt.
"Öffentlichkeit ist das einzige Instrument, was wir jetzt noch haben", sagt Soggeberg. Die NGG schärfte am Dienstag mit einer Pressemeldung nach. Titel: "Unilever verweigert Beschäftigten Inflationsausgleichsprämie." Der Standpunkt der Unilever-Geschäftsleitung ist der vieler Arbeitgeber: Man hat nichts gegen die freiwillige Einmalzahlung, will sie aber als Baustein nutzen in den Tarifgesprächen mit der NGG und nimmt den zeitlichen Abstand in Kauf. "Wir gehen davon aus, dass bei den Tarifverhandlungen die Inflationsausgleichsprämie Teil des Verhandlungsergebnisses sein wird, ähnlich wie bei dem Abschluss mit der IGBCE", erklärt Unternehmenssprecherin Carolin Weber.