Das geplante Verbot "unfairer Handelspraktiken" (UTP) greift nach Auffassung von Andreas Mundt stark in die Verhandlungsfreiheit ein. Statt die Ertragssituation der Landwirte zu verbessern, schütze das Gesetz zudem die Falschen, urteilt der Präsident des Bundeskartellamts.
In der Debatte um die anstehende Umsetzung der EU-Richtlinie "gegen unfaire Handelspraktiken in der Lebensmittellieferkette" warnt der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, vor weiteren Verschärfungen der Vorgaben aus Brüssel: "Die Regulierung ist aus meiner Sicht schon recht weitgehend und greift auch sehr stark in die Verhandlungsfreiheit ein. Ich sehe auch die Gefahr falscher Regulierung, effiziente Handelspraktiken könnten darunter leiden", teilt Andreas Mundt auf LZ-Anfrage mit.
„Angesichts der ziemlich auskömmlichen Margen einiger Lieferanten frage ich mich schon, warum man ausgerechnet deren Situation verbessern muss, und ob man das nicht besser dem Markt überlassen würde.“
Bundeskartellamtschef Andreas Mundt
Mundt stellt darüber hinaus infrage, ob das geplante UTP-Gesetz die Ertragssituation der Bauern tatsächlich stärken wird: "Der schwierigste Punkt aus meiner Sicht: Mit der Regulierung der 'unfairen Handelspraktiken' werden Erwartungen im Hinblick auf eine Verbesserung der finanziellen Lage der Landwirte geweckt. So wünschenswert dies wäre, ich fürchte, das wird das Gesetz nicht leisten können", urteilt der Präsident des Kartellamts. Dagegen werde die Regulierung vermutlich den Falschen helfen: "Angesichts der ziemlich auskömmlichen Margen einiger Lieferanten frage ich mich schon, warum man ausgerechnet deren Situation verbessern muss, und ob man das nicht besser dem Markt überlassen würde", kritisiert Mundt.
Bislang ist in Deutschland allein das Bundeskartellamt dafür zuständig, Missbrauch von Marktmacht zu unterbinden, wie es die UTP-Richtlinie intendiert. Im internationalen Vergleich seien die deutschen Regelungen gegen Machtmissbrauch schon heute recht weitgehend, betont Mundt und verweist beispielhaft auf das Grundsatzverfahren zu den
Edeka Hochzeitsrabatten. Mit diesem Verfahren habe das Kartellamt die Position der Lieferanten gegenüber marktmächtigen Lebensmittelhändler bereits gestärkt. Aktuell ermitteln die Bonner Wettbewerbshüter, ob Edeka und Kaufland im Zuge der Übernahme von Real-Märkten gegen das Anzapfverbot verstoßen haben,
indem sie von Lieferanten Leistungen gefordert haben, ohne adäquate Gegenleistungen zu bieten.
Deutschland reißt die Umsetzungsfrist
Um die EU-Richtlinie gegen "unfaire Handelspraktiken in der Lebensmittellieferkette" fristgerecht bis zum 1. Mai in deutsches Recht umzusetzen, müsste der Bundestag den entsprechenden Gesetzentwurf von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) in dieser Woche verabschieden. Doch die CDU/CSU-Fraktion konnte sich noch nicht darauf verständigen, in welchen Punkten sie die Brüsseler Vorgaben zum Schutz der Landwirte verschärfen will. Zudem zeichnet sich ein Konflikt mit dem Koalitionspartner ab, da die
SPD noch weitergehende Vorstellungen hat. Der Zeitplan wird voraussichtlich nicht zu halten sein. Deutschland wird die Umsetzungsfrist reißen.
Auf der Forderungsliste der SPD und der Agrarpolitiker der Union steht unter anderem eine deutliche Ausdehnung des Anwendungsbereichs. So sollen auch größere Unternehmen in den Schutzbereich des UTP-Gesetzes einbezogen werden, das beispielsweise Zahlungsziele von mehr als 30 Tagen, kurzfristige Stornierungen oder einseitige Vertragsänderungen verbieten wird. Bislang ist der Anwendungsbereich – wie von der EU-Richtlinie vorgegeben – auf Lieferanten mit einem Jahresumsatz von 350 Mio. Euro beschränkt.